Im Gegensatz zu ihrer Bezeichnung sind auf dem Arbeitsmarkt die Arbeitgeber die Nachfrager der Faktorleistung wie Arbeit und die Arbeitnehmer die Anbieter. Auch hier unterscheiden sich die Marktteilnehmer durch ihre jeweiligen Preisvorstellungen (Lohn, abhängig v.a. von Qualifikation und Gefragtheit) und ihre Mengenvorstellung (Arbeitsumfang, Arbeitsdauer). Damit stellt sich der Arbeitsmarkt grundsätzlich als idealtypischer Markt (AM 2) dar. Unterstellt man eine relativ fixe Arbeitszeit pro Beschäftigtem läßt sich der Arbeitsmarkt in einem Lohn-Beschäftigtenzahl-Diagramm darstellen. Eine solche Darstellung kann jedoch die erhebliche Differenzierung des Arbeitsmarktes nach Qualifikationen und regionalen Besonderheiten kaum erfassen. Auf diesem Markt kommt es zur Einigung zwischen den Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu einem bestimmten Marktpreis. Vom Markt ausgeschlossen werden dann die Arbeitnehmer, deren Lohnvorstellungen über diesem Preis liegen (freiwillige Arbeitslosigkeit) und die Arbeitgeber, die nicht bereit oder in der Lage sind, diesen Preis zu zahlen. Beim ersten Augenschein gibt es in diesem Ansatz keine weitere Arbeitslosigkeit. Betrachtet man jedoch auch die Modellvoraussetzungen, so muß man die
Ursachen der Arbeitslosigkeit
weitere Informationen: Überblick zum Arbeitsmarkt im Laufe der Jahre 2005 bis 2015
Aktuelle Daten der Bundesargentur für Arbeit: Arbeitsmarkt im Überblick
Allerdings ist der wirkliche Arbeitsmarkt keineswegs ein solch idealtypischer Markt, wie eingangs unterstellt. Durch Tariflöhne ist der „Marktpreis“ relativ festgeschrieben. Davon profitieren sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer in Form der sich daraus ergebenden Planungssicherheiten für Kosten und Einkommen. Geht jedoch durch geringes Wirtschaftswachstum über mehrere Jahre hinweg die Nachfrage nach Arbeit zurück, nicht aber der Lohn, führt wiederum zu einer noch niedrigeren Nachfrage nach der jetzt überteuerten Arbeit, d.h. zu zusätzlicher Arbeitslosigkeit, der sog.
Arbeitslosigkeit durch Lohnstarrheit.
Werden, wie in Deutschland, die Folgen der Arbeitslosigkeit über die Erhöhung der Lohnnebenkosten finanziert, entsteht durch eine weitere Verteuerung der Arbeit immer wieder neue Arbeitslosigkeit. (Stand2004)
Ein Ausweg aus diesem Dilemma bietet entweder ein anhaltend starkes Wirtschaftswachstum, bei dem dann starre Löhne zusätzliche Beschäftigung erzeugen können, sowie eine Senkung der Lohnebenkosten z.B. durch eine Umfinanzierung der Sozialsysteme. Lohnsenkungen stellen aufgrund der steigenden Produktivität geraden in solchen Krisenjahren keine Lösung dieses Problems dar.
Arbeitskosten im Landervergleich in den 90er Jahren in DM
Allerdings sind in den neunziger Jahren die Lohnnebenkosten (Arbeitskosten über die Bruttolöhne hinaus) gestiegen und nicht gesenkt worden ( AM 13). Als weitere Probleme von Arbeitsmärkten mit entwickelten Tarif- und Sozialsystemen gelten Dauer- bzw. Sockelarbeitslosigkeit sowie Jugend- und Altersarbeitslosigkeit sowie die Arbeitslosigkeit gering Qualifizierter. So zeigt sich, dass in den Ländern, welche im zurückliegenden Jahrzehnt ihre Arbeitsmärkte flexibilisiert haben, zu großen Arbeitsplatzgewinnen gekommen ist. Die im Vergleich außergewöhnlich hohe Arbeitslosenquote der über 55jährigen in Deutschland lässt vermuten, dass auch hier zahlreiche sozialstaatliche Anreize eines vorgezogenen Ruhestandes den Tarifpartnern eine überdurchschnittliche Freisetzung gerade dieser Beschäftigtengruppe nahe legen.
Die Auffassungen über Ursachen der Arbeitslosigkeit und über die Strategien zu ihrer Bekämpfung differieren nicht nur nach der jeweiligen wirtschaftspolitischen Schulen, sondern auch nach Ländern. So wurde die Arbeitslosigkeit mit ganz unterschiedlichen Ansätzen in zahlreichen Staaten fast gänzlich beseitigt.(Stand 2006)
Vollbeschäftigung hat sich in der langen Frist jedoch immer mit einer Senkung der Arbeitszeit durchgesetzt – mit Streiks und politische Auseinandersetzungen in den frühen Jahren der Industriegesellschaft, mit tariflichen Regelungen in der Gegenwart. Als „Königsweg“ dieser Entwicklung gilt die Aufteilung des Produktivitätsfortschritts in (geringer) ansteigenden Löhne und Arbeitszeitverkürzung. Voraussetzung für eine weitere Arbeitszeitverkürzung ist jedoch eine differenzierte und flexible Handhabung.
Das VW-Modell, das Konzept der produktivitätsorientierten Lohnpolitik und die Einführung der 35-Stunden-Woche in Frankreich sind Beispiele für die Anwendung dieses Gedankens. Die Arbeitslosigkeit ist allerdings kein rein wirtschaftliches Phänomen. Der Nachfrage nach Arbeit durch die Wirtschaft steht ein Arbeitsangebot durch die Bevölkerung gegenüber. Dieses entwickelt sich durch soziale (z.B. Frauenbeschäftigungsgrad) und demographische Faktoren abgekoppelt von der Wirtschaftsentwicklung. Starkes Bevölkerungswachstum kann so zu Arbeitslosigkeit trotz Beschäftigungswachstum führen. Bevölkerungsrückgang kann die Arbeitslosigkeit auch bei stagnierender Beschäftigung senken. Den Umfang dieses Einflußfaktors zeigt die folgende Abbildung.
Die Prognose zeigt, dass in den kommenden Jahren die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter in den kommenden Jahren drastisch zurückgehen wird. Dies führt, auch bei durchschnittlicher Zuwanderung zu einer Verringerung des Arbeitsangebots und damit wahrscheinlich zu einem Rückgang der Arbeitslosigkeit. Die Wirkung wird jedoch nach Qualifikationsgruppen und nach Regionen höchst unterschiedlich ausfallen, so dass nach gegenwärtigem Kenntnisstand nicht von einem „Verschwinden“ der Arbeitslosigkeit allein aus demographischen Gründen ausgegangen werden kann.
Quelle: Ralf Wagner TFH Berlin leicht aktualisiert von Dombergen